Fjordland ...
06.02.2020
Wir wollen einen freien Stellplatz suchen, denn Te Anau ist von Verbotsschildern für Wohnmobile förmlich übersät, die Preise selbst für einfachste Plätze völlig überzogen. Im Vergleich zu den Preisangaben in unserem Reiseführer haben sich die Preise mehr als verdoppelt. Als wir uns auf dem großen Parkplatz des Veranstaltern für die Tour am nächsten Tag stellen wollen, werden wir sofort "weggescheucht". In der Region haben wir zum ersten Mal den Einduck, dass fast Jagd auf die Camper gemacht wird. Jeder will offenbar so viel wie möglich an den Touristen verdienen. Die Leistungen stehen dabei in keiner Relation mehr zum Preis. Da wohl fast jeder Neuseelandreisende den Milford Sound besuchen will, bestimmen dann eben Angebot und Nachfrage die Preise. Die Zeiten, in denen das Land ein Freedom - Campingparadies war, sind wohl tatsächlich vorbei. In den zwei Wochen die wir bisher unterwegs sind, ist es uns 2 x gelungen, einen kostenfreien Stellplatz zu finden. Es bleibt uns also nichts übrig, als wieder auf einem Campingplatz zu nächtigen, dessen Einrichtungen wir gar nicht benötigen. An diesem Abend ist die Stimmung bei uns dann doch ziemlich "durch". Ich schlafe schlecht, und wir lassen die Tour ohne große Begeisterung auf uns zukommen.
In Fjordland regnet es an über 200 Tagen im Jahr, entsprechend 7.000 bis 9.000 mm Regen. Die überall anzutreffenden Wasserfälle sind entsprechend großartig. Wir hatten an unserem Ausflugstag uim Doubtful Sound großes Glück mit dem Wetter. Nachdem es in den 4 Tagen zuvor unaufhörlich geregnet hatte und die Strasse nach Milford Sound durch einen hefigen Erdrutsch für die kommenden 1-2 Wochen gesperrt bleiben wird, klarte der Himmel an diesem Donnerstag zunehmend auf.
Doubtful Sound
Der Name geht auf den Entdecker James Cook zurück, der 1770 an den Meereseingang kam. Da der befürchtete, sein Segelschiff, die Endevour, in den engen Fjorden nicht mehr heraussegeln zu können, benannte er die Region als „doubtful harbour“. Erst die Robbenjäger, die im frühen 19. Jahrhundert hier eine Robbenindustrie etablierten, benannten den Fjord in „Doubtful Sound“ um.
Tatsächlich handelt es sich um definitionsgemäß ein Fjord, da die Täler durch Gletscher in der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren entstanden sind und sich sekundär mit Meereswasser füllten.
Vom Anleger in Manapouri geht es dann am nächsten Tag mit einem Motorboot quer über den See, um den Anschluss zum Bus zu erreichen. Es ist sonnig, aber auch kalt und windig. Da wir uns vorsorglich warm angezogen haben, können wir die Überfahrt mit dem Blick auf die Berge sehr genießen und legen nach ca. einer halben Stunde neben dem größten Wasserkraft Neuseelands an.
Zum Doubtful Sound kommt man nur ab Manapouri über den gleichnamigen See (Schiffspassage) und den Wilmot Pass (Bus). Die Anreise ist zwar etwas umständlich, aber jeder Meter der Anfahrt ist absolut sehenswert.
Bereits auf der Bergabfahrt zum Sound finden sich unglaubliche Ausblicke. Unten angekommen im Deep Cove versteht man die Namensgebung durch die Maori: „Patea“ heißt übersetzt „Ort der Stille“. Plötzlich war der ganze Frust über den “verpassten Milford-Sound“ vergessen. Die Fjordlandchaft ist hier einzigartig, wunderschön und – still!
Wir fahren dann die Passstraße über den 671m hohen Wilmot Pass und erfahren von Rudi, dem Tourguide von Go Orange/ NZ dass dies die teuerste Strasse von ganz Neuseeland war. Ursprünglich wurde sie nur für den Kraftwerkbau bzw. den baulich überaus herausfordernden Wasser-Auslauftunnel gebaut. Die unbefestigte Gravel-Road wurde 1965 fertig gestellt und nach Bau des Kraftwerks für touristische Zwecke mitgenutzt. Die Kosten beliefen sich auf 2$ pro Zentimeter. Die Strasse führt nur vom Manapouri-See zum Doubtful Sound und ist nicht mit dem übrigen Strassen-Netz verbunden.
Nach den Regenfällen der zurückliegenden Tage fanden sich mehrfache Erdrutsche über die Strasse, die zum Glück mit schwerem Gerät kurzfristig wieder befahrbar gemacht wurde.
Mit einem Schiff glitten wir durch die wilde zerklüftete und urwüchsige Fjordlandschaft, bestaunten die umliegenden Berge und wilde Schluchten, im Gegensatz zum vollständig gerodeten Inland ein Wunderwerk der Natur, alles Primärwald, vornehmlich Rot- und Silberbuchen.
Das Wasser der Sounds ist auffallend dunkel. Dies rührt von der oberen Süßwasser Schicht her, die durch die ausgeprägten Zuflüsse durch Bäche und Wasserfälle entsteht. Das schwerere Salzwasser des Meeres bleibt unten, eine Durchmischung findet nicht statt. Durch die Lichtbrechung entsteht die dunkle Wasserfärbung.
Die Bäume müssen auf den Felsen mit extrem wenig Erdreich auskommen und verwurzeln sich gegenseitig. Nach heftigen Regen- oder Schneefällen kommt es immer wieder zu Baumlawinen, wobei gleich der ganze Hang von oben bis unten abrutscht und den blanken Felsen zurücklässt. Nach einem Erdrutsch bedecken Flechten, Moose und Sträucher von neuem den Felsen, bis später wieder genügend Humus für die Regeneration des Waldes bereitsteht.
Die Berge in dieser Region sind – wie auch die Südalpen – durch Verwerfung/ Auffaltung entstanden. Hier schiebt sich die indisch-australische unter die pazifische Platte, wobei der überirdische Bereich hochgedrückt wird.
Zum Ende des Fjords überraschte uns eine Kolonie große Tümmler-Delphine mit neugierigen Blicken und Sprüngen.
Es regnet hier - wie gesagt - über 200 Tage im Jahr..Während der Produktion des Kinofilms Jurassic Park saß ein Filmteam über 3 Wochen in einem Seitenfjord in einem Camp im Regen fest, bis man schließlich entschid, die Szenen in Südamerika zu drehen.
Auf der Rückfahrt über den Wilmot-Pass geben wir der Natur des Regenwaldes hier nochmal unsere ganze Aufmerksamkeit. Alles ost hier völlig urwüchsig. Auf Passhöhe finden sich beeindruckende Moosgärten und Bäume. Man ist hier im Regenwald. Es regnet praktisch immer, auch an unserem Reisetag, obwohl es im Tal sonnig war.
Am Ende der Passage über den Lake Manapouri kommt man zum größten Kraftwerk Neuseelands. Das Wasser stürzt durch Rohre 176 Meter in die Tiefe und treibt dort 4 Turbinen an zu einer Jahres-Stromproduktion von 4800 GWh. Die 500 Kubikmeter Wasser, die jede Sekunde durchrauschen, werden nach der Turbinenpassage über einen 10 Kilometer langen unterirdischen Tunnel in den Doubtful Sound ausgelassen. Das alles spielt sich im Wesentlichen unterirdisch ab, man sieht eigentlich nur den Wasser-Einlass und die Hochspannungsleitungen.
Den herrlichen Tag möchten wir auch toll ausklingen lassen- ein Campingplatz schien dafür wenig geeignet. Wir lesen im Internet, dass die Straße in den Milford Sound wieder bis zur letzten Campsite geöffnet ist. Für heute Nacht wählen wir die kleine tolle gelegene Campsite Walker Creek. Als wir ankommen sind wir ganz allein, und wählen diesen herrlichen Platz. Schnell ist ein leckeres Dinnker zubereitet, und wir sind einfach nur glücklich. Aber natürlich hat jeder Paradies auch seinen kleine Pferdefuß ;-)- so sind diese kleinen Biester von Sandfliegen heute besonders aufdringlich. Klein wie Fruchtfliegen, können sie richtig gemein beißen. Die Stichstellen werden dick und rot und jucken noch tagelang. Zum Glück ist es nicht so warm. Lang angezogen und an den wenigen offenen Stellen gut eingesprüht, lassen wir uns nicht aus dem Paradies vertreiben. Später schlafen wir göttlich in dieser Stille, das Murmeln des Baches liefert die richtige Melodie für einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen beschließen wir den Mistake- Trak zu gehen, der nur 5 km weiter beginnt.
Schon nach den ersten Metern wird der Pfad abenteuerlich. Wir versinken trotz unserer Bergstiefel tief im Schlamm der überall präsenten großen Pfützen, klettern über von Nässe und Moos schlüpfrige Baumstämme und Wurzeln, und haben eine Menge Spaß an den Herausforderungen des Weges. Leider stellt sich dann heraus, dass die kleine Seilbrücke über den Fluss durch das Hochwasser beschädigt wurde. Wir haben keine Chance auf die andere Seite zu kommen, um auf der anderen Flusseite weiterlaufen zu können. Wieder einmal sagen wir- SCHADE. Gut, also zurück zum Womo und weiter zur nächsten Campsite- vielleicht geht dort noch was!
Cascade Creek
ist die letzte Möglichkeit vor Milford Sound zu übernachten. Direkt hinter der Einfahrt beginnt die Straßensperrung. Wir können die Campsite also nutzen! Mit uns stehen noch zwei weitere Camper auf den 75! Plätzen. Auf der Zufahrt sehen wir, dass dort ein Waldtrack beginnt. Diese Möglichkeit doch noch etwas zu unternehmen, kommt uns gerade recht. Wir suchen uns einen schönen Stellplatz und gehen los. Uns erwartet wieder so ein wunderbarer Zauberwald- Farne, Moose, umgestürzte Bäume, Bäume mit den schönsten Verwachsungen, die viel Raum für Fantasie bieten. Überall sind auch hier die Auswirkungen des Unwetters zu sehen, wir stapfen durch Matsch, steigen über umgestürzte Bäume, und hören den einen oder anderen Stamm unheimlich knarren. Es ist ein etwas beklemmendes Gefühl die vielen gefallenen Bäume zu sehen, und dann dieses Knarren zu hören! Zurück am Womo grillen wir noch etwas zum Abendessen, und sind zufrieden mit dem Tag.
Heute soll es weiter gehen. Unser Ziel: Der Siberia Valley Track und anschließend weiter zum Franz Josef Getscher.
Da die Strecke nicht allzu weit ist haben wir die Chance, noch einiges auf dem Weg zu erledigen. Als erstes wollen wir noch einmal in dem wunderschönen Zauberwald von gestern Filmen und in Ruhe noch einige Fotos aufnehmen,
- das Auge kann sich kaum sattsehen an diesem beeindruckenden Primärwald.
Im Anschluss fahren wir bei blauem Himmel und weißen Wolken zurück nach Te Anau. Es ist einfach "Drohnenwetter", kaum Wind, Sonne, Wolken und das besondere Flair des Fjordlandes. Auch der Blick auf den See bietet noch einmal alles.
Wir gehen im "Freshchoice" einkaufen. Es hat sich so eingepegelt alle 3-4 Tage den Kühlschrank/Schrank mit Obst, Gemüse, Salat und frischem Brot aufzufüllen. Wir haben uns gut eingespielt, schnell ist alles was benötigt wird eingekauft. Wir versorgen uns ausschließlich aus der eigenen Bordküche, Essen gehen ist deutlich teurer als in Deutschland. Wirklich gut Abendessen nähert sich den Preisen in Frankreich an. Da wir kein Vermögen investieren wollen, kochen wir selbst. Da die Versorgung und das Angebot in den größeren Orten wirklich gut ist, haben wir jeden Tag etwas Gutes zu essen.
Auf dem Weg finden wir noch ein altes historisches Hotel aus den Goldgräberzeiten des letzten Jahrhunderts. Dieses Hotel ist eine Ikone. Hier treffen sich am Samstag Einheimische und Gäste im Pub, der liebevoll mit Requisiten aus dieser Epoche ausgestattet ist. Eigentlich wollten wir nur ein paar tolle Bilder aufnehmen, aber dann bleiben wir angezogen von der launigen Atmosphäre doch eine Weile bei Pale Ale vom Fass und überbacknen Nachos. Hier hätten wir es mit Genuss noch länger ausgehalten, aber wir haben doch noch eine beachtliche Strecke vor uns.
Über Queenstown und an Wanaka vorbei geht es bis zum Lake Hawea. Hier finden wir sogar eine freien Stellplatz und nutzen die seltene Chance für Freedom-Camping. Mit dem Blick auf den See bei Vollmond über dem See geht der Tag zu Ende.
Siberia Experience -
das ganz große Neuseeland Abenteuer!
09.02.
Mokoroa - Siberia Experience
Unser dritter Anlauf für die Tour, die wir nach zwei Schlechtwettertagen nicht gänzlich absagen konnten, da wir schon im voraus bezahlt hatten. Die Tour führt in ein abgelegenes Tal, dass man zu Fuss nur über eine sehr lange Wanderung erreichen könnte. Insofern findet man dort wurde uns gesagt, wirklich noch wunderschöne einsame Natur. Wir starten zusammen mit einem sympathischen holländischen Ehepaar gemeinsam in dem Kleinflugzeug. Beim Abheben vom Airstrip fühlen wir uns für einen Moment wie in Afrika auf Safari, und ein glückliches Lächeln huscht über unsere Gesichter als wir merken, dass wir beide an das Gleiche gedacht haben. Schon der Anflug ist überwältigend. Der Pilot fliegt enge Kurven zwischen den Bergen, vorbei an einem tosenden Wasserfall und den schneebedeckten Kuppen. Da ist natürlich ein kleines Kribbeln im Bauch bei den anspruchsvollen Flugmanövern, aber die Eindrücke sind unglaublich- so hoffen wir, dass er es kann. Nach 20 Minuten landen wir in einem trockenen Flussbett zwischen den Bergen. Unser Pilot schießt noch ein Erinnerungsfoto, beschreibt uns, wo der Weg auf der anderen Seite des Flusses zu finden ist, und schon startet er eindrucksvoll wieder durch. Für einen Moment schauen wir uns so schnell in der "Wildnis" ausgesetzt erst einmal etwas erstaunt an. Dann brechen wir auf zum Fluss und uns dämmert die Erkenntnis, dass wir die in unserem Reiseführer beschriebenen wasserdichten Überschuhe nicht haben. Unsere beiden Mitstreiter erklären uns, dass man die neuerdings wohl im Shop kaufen muss- ups, die Erkenntnis war an uns vorbei gegangen. Auch die Beiden Holländer hatten sich dagegen entschieden. Jetzt standen wir vier vor einem ziemlich breiten, eiskalten steinigen Fluss. Und jetzt? Wir ziehen entschlossen die Schuhe aus, und wagen den ersten Schritt- eiskalt, Steine tun weh, das andere Ufer ziemlich weit. Nach ein paar Meter ist kaum mehr Gefühl in den Füßen, und auf den letzten Metern meine ich für einen Moment ich schaffe das nicht mehr. Aber man schafft ein Menge, wenn es nicht anderes geht! Endlich angekommen versuchen wir unsere Füße warmzurubbeln, rein in Socken und Bergstiefel, und schnell loslaufen. Weg geht über einen kleinen Pass wieder hinunter ins Tal. Drei Stunden sind dafür eingeplant, wir genießen die Natur, den Blick auf die Berge, den Fluss. Viel zu schnell sind wir am Flussufer angekommen, wir uns nach einer herrlichen Pause in der Sonne das Jetboat abholt. Diese Boote sind dafür gebaut auf extrem niedrigen Wasserstand der Flüsse fahren zu können. Bald fliegen wir förmlich über das Flussbett, gleiten durch wirbelige Engstellen, und drehen uns einmal um die eigene Achse. Auch diese eindrucksvolle Fahrt ist viel zu schnell vorbei und jetzt sind wir froh, dass wir die Tour nicht stornieren konnten. Es lohnt sich absolut, sich auf dieses kleine Abenteuer einzulassen (nur trockene Füße wären dann doch besser gewesen).
Da es noch früher Nachmittag ist und uns bereits Tage fehlen beschließen wir gleich weiter zu unserer nächsten Station, dem Franz Josef Gletscher, aufzubrechen.